METALLOGRAPHIE 4.0: WIE SIE DAS VOLLE POTENZIAL IHRER MATERIALANALYSE AUSSCHÖPFEN

Was ist korrelative Mikroskopie – und wie setzen Sie sie richtig ein?

 

In der Welt der Materialwissenschaft und Werkstofftechnik spielt das Gefüge eines Werkstoffs eine zentrale Rolle. Es speichert nicht nur die Herstellungsgeschichte, sondern bestimmt auch die Gebrauchseigenschaften des Materials. Daher ist die Gefügeanalyse eine der grundlegenden Aufgaben in dieser Disziplin. Während in der Qualitätssicherung geprüft wird, ob das Gefüge den Normen und Kundenspezifikationen entspricht, wird in Forschung und Entwicklung untersucht, wie Gefügemerkmale mit Prozessparametern und Eigenschaften korrelieren. Ziel ist es, die Prozesse zu optimieren und die Materialien weiterzuentwickeln.

Mit der stetigen Weiterentwicklung unserer Werkstoffe, getrieben durch Anforderungen wie erhöhte Festigkeit, Nachhaltigkeit oder Wirtschaftlichkeit, wird auch das Gefüge immer komplexer. Dies stellt uns vor die Herausforderung, dass eine einzige Charakterisierungsmethode oft nicht mehr ausreicht, um die Komplexität der Gefüge vollständig zu erfassen. Die Lösung liegt in der korrelativen Mikroskopie – einer Methode, die mehrere Analysetechniken kombiniert, um ein umfassenderes Bild zu erhalten. Dieser Ansatz ermöglicht es, die Vorteile der verschiedenen Methoden zu kombinieren, ihre Nachteile auszugleichen und Informationen aus verschiedenen Quellen und auf unterschiedlichen Längenskalen zusammenzuführen.

Bei der Kombination verschiedener Verfahren sind der Kreativität kaum Grenzen gesetzt. In unseren Untersuchungen komplexer metallischer Werkstoffe setzen wir häufig auf eine Kombination aus Lichtmikroskopie (LM), Rasterelektronenmikroskopie (REM) und Elektronenrückstreubeugung (EBSD). Die kristallographischen Daten und daraus abgeleiteten Parameter der EBSD-Messung bieten eine ideale Ergänzung zu den visuellen Informationen, die durch LM und REM gewonnen werden.

Für besonders hochauflösende Analysen können auch Verfahren wie die Transmissionselektronenmikroskopie oder Atomsondentomographie in eine korrelative Charakterisierung integriert werden. Diese können zudem mit chemischen Informationen, z.B. aus EDX- oder Mikrosondenmessungen, und mechanischen Charakterisierungen wie Mikrohärtemessungen oder Nanoindentation verknüpft werden.

Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der Fähigkeit, multimodale Daten zu verarbeiten und eine sogenannte Bild-Registrierung für quantitative Auswertungen durchzuführen. Da die physikalischen Grundlagen der Bilderzeugung bei den verschiedenen Methoden stark unterschiedlich sein können, sind Abbildungen derselben Probenstelle selten deckungsgleich. Hier kommen spezielle Algorithmen zur Bild-Registrierung zum Einsatz, um die Aufnahmen aus den unterschiedlichen Methoden exakt übereinanderzulegen. Ohne diese Technik wären nur qualitative Aussagen möglich.

Das Ziel einer korrelativen Charakterisierung sollte stets sein, durch die aufwendigen und hochauflösenden Methoden neue Erkenntnisse zu gewinnen, die dann auf einfachere und schnellere Methoden übertragen werden können. Ein Beispiel aus unserer Praxis ist die Entwicklung neuer KI-Modelle zur Gefügeanalyse, bei der wir zusätzliche Informationen aus REM und EBSD nutzen, um einen Serieneinsatz des KI-Modells basierend auf einfachen LM-Aufnahmen zu ermöglichen.

 

In dieser Blogreihe zur korrelativen Mikroskopie werden wir Ihnen regelmäßig Anwendungsbeispiele vorstellen und aufzeigen, welche Erkenntnisse wir daraus gewinnen und wie die Methoden miteinander korrelieren. Den Anfang machen wir mit einem anschaulichen Beispiel, einer Kombination aus EBSD und Härtemessung an einer 3D-gedruckten Nickelbasis-Superlegierung. Dabei zeigt sich, dass die Härtepeaks (rote Bereiche in der Heatmap) klar mit den feinkörnigen Gefügebereichen korrelieren, die im EBSD-Scan sichtbar sind – ein Lehrbuchbeispiel dafür, dass feine Körner eine höhere Härte bedeuten.

 

 

Sie haben Interesse an einer korrelativen Charakterisierung Ihrer Werkstoffe? Kontaktieren Sie uns gerne!

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